Das neue Insolvenzrecht seit 1.7.2010(IO)
Das neue Insolvenzrecht ersetzt die alte Konkursordnung und gibt ihr einen neuen Namen. Doch nicht nur der Name ist neu: viele Bestimmungen ergänzen oder erweitern die bestehende Rechtsordnung.
Anstelle des bisherigen Ausgleichsverfahrens - das ohnedies nur in ca. 1-2% der Verfahren genutzt wurde - tritt das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung (§§ 169 ff IO). Auch beim Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung steht der Unternehmer unter Aufsicht eines Sanierungsverwalters. Die angebotene Quote wurde von 40% auf 30% gesenkt. Die Zahlungsfrist der Quote muss dabei längsten zwei Jahre angeboten werden (natürliche Personen bis 5 Jahre). Mit dem Antrag sind detailliert ausgearbeitete Dokumente vorzulegen (§§ 140 ff IO, vor allem Sanierungsplan, Vermögensverzeichnis, Status, Finanzplan). Wird der Sanierungsplan von den Gläubigern nicht innerhalb von 90 Tagen angenommen, kann die einmal eingeräumte Eigenverwaltung auch wieder entzogen werden.
Dem bisherigen Zwangsausgleich entspricht im Wesentlichen das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung (§§ 166-168 IO). Hier ein Masseverwalter bestellt, der Schuldner kann nicht mehr über sein Vermögen verfügen. Dabei ist das Ziel die Sanierung des Unternehmens, um damit die Schließung und Verwertung des Unternehmens zu vermeiden. Ein gestrafftes Verfahren, eine einheitliche Verfahrensstruktur und Vereinfachungen der Insolvenzverfahren sollen dem Unternehmer helfen, sich möglichst rasch wieder seiner unternehmerischen Tätigkeit zuwenden zu können.
Konkurs
Das Konkursverfahren (meist beantragt durch Gläubiger) kann eine direkte Verwertung des Vermögens zum Ziel haben, aber auch eine Sanierung wäre möglich. Es wird in jedem Fall ein Masseverwalter bestellt. Das Konkursverfahren wird automatisch eingeleitet, wenn das Sanierungsverfahren scheitert. Der umgekehrte Weg ist allerdings nicht zulässig. Wird ein Sanierungsplan (§§ 140 ff IO) angeboten, so muss die Quote mind. 20% (bisher 30%) betragen und innerhalb von zwei Jahren erfüllt werden (natürliche Personen bis 5 Jahre).
Es muss zumindest noch soviel Vermögen vorhanden sein, dass die Kosten des Konkursverfahrens gedeckt sind. Anderenfalls muss von den organschaftlichen Vertretern einer juristischen Person oder von den Gesellschaftern, deren Anteil an der Gesellschaft mehr als 50 Prozent beträgt, ein Kostenvorschuss geleistet werden.
Die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens führt zum Entzug der Gewerbeberechtigung.
Fristen
Spätestens 60 Tage ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung muss ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werden.
Schicksal von Verträgen (§ 25a IO)
Vertragsauflösungen für die Fälle der Unternehmensfortführung werden nun beschränkt. Die in vielen AGB und Verträgen üblichen Konkursklauseln werden damit beschränkt.
Der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechtes und des Rücktrittsrechts wegen Verzuges des Schuldners vor Verfahrenseröffnung gilt für maximal sechs Monate und betrifft Verträge, deren Auflösung die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte (wie insb. Miete, Leasing, Energie). Eine Kündigung wegen Verzuges von vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Forderungen wird unzulässig. Diese Beschränkungen gelten nicht ausnahmslos, z.B. wenn die Auflösung des Vertrages zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des Vertragspartners (z.B. Vermieters) unerlässlich ist oder bei Ansprüchen auf Kreditauszahlungen.
Spezielle gesetzliche Auflösungsgründe (z.B. die Auflösung einer ARGE nach § 1210 ABGB) bleiben aufrecht. Eine Vertragsauflösung ist nach den allgemeinen Regelungen auch jedenfalls zulässig, wenn der Schuldner ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens seinen Pflichten nicht nachkommt (z.B. keine oder verspätet Zahlungen leistet). Unter bestimmten Bedingungen kann der Vertragspartner auch seine Leistung verweigern, solange die Gegenleistung des Schuldners nicht erfolgt oder sichergestellt ist (z.B. Zahlung, § 21 IO).
Wichtig ist auch, dass der Vertragspartner möglichst rasch Klarheit darüber erhält, ob der Schuldner seine Sachleistungen, mit denen er in Verzug ist, erbringt (z.B. Bautätigkeiten). Daher wird der Insolvenzverwalter verpflichtet, binnen fünf Tagen nach Aufforderung zu erklären, ob er in den Vertrag eintritt und die Sachleistungen somit erbracht werden. Der Werkbesteller kann somit relativ rasch auf die neue Situation reagieren.
Eine Änderung der Zahlungsbedingungen für den Fall der Insolvenz kann weiterhin in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden wenn und insoweit dies keine Umgehung der Bestimmungen des § 25a IO darstellt (z.B. durch weit überhöhte im Vorauszahlungen).
Konkursabweisungen mangels Masse
Die Anzahl der Konkursabweisungen mangels Masse ist seit langem etwa so hoch wie die Anzahl der eröffneten Insolvenzen. Konkursabweisungen mangels Masse (ab jetzt die Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens) führen dazu, dass keine Prüfung hinsichtlich strafbarer Verhaltensweisen erfolgt. Kapitalgesellschaften werden damit aus dem Firmenbuch gelöscht.
Um das künftig zurückzudrängen wird der Mehrheitsgesellschafter (neben den Geschäftsführern) zum Erlag eines Kostenvorschusses bis zu 4.000 Euro verpflichtet. Eine derartige Nichteröffnung führt zudem zum Entzug der Gewerbeberechtigung.
Anfechtung
Ist die Nachteiligkeit eines Rechtsgeschäftes objektiv vorhersehbar ist, z.B. wenn das Sanierungskonzept offensichtlich untauglich ist, dann ist das Rechtsgeschäft anfechtbar.
Dies betrifft vor allem Kredite und gibt z.B. einer kreditgewährenden Bank zusätzliche Sicherheit, sollte das zunächst tauglich erscheinenden Sanierungskonzepts scheitern.
Weitere Eckpunkte:
- Verlängerung der Absonderungssperre von 90 Tagen auf sechs Monate.
- Senkung der Zustimmungsquote für die Annahme eines Sanierungsplans: Es reicht, wenn jene anwesenden Gläubiger zustimmen, die mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen repräsentieren.
- Absolutes Wiederaufleben wird unzulässig; d.h. dass bei Nichterfüllung aller zugesagten Quotenzahlungen getätigte Quotenzahlungen auf die noch aushaftende Summe anteilsmäßig berücksichtigen werden.
- Verlängerung der Fortführungsfrist zur Förderung der Veräußerungsmöglichkeiten eines Unternehmens.
- Schnellere Löschung aus Insolvenzdatei bei Erfüllung des Sanierungsplans.